Julia Mandl – Literarische Gastbeiträge

Vor der Kneipe ist in der Kneipe

Ich habe euch jetzt schon öfter berichtet, wie es nicht funktioniert – wie man ein Date gepflegt gegen die Wand fährt. Aber wie geht’s eigentlich richtig? Oder wie könnte so was in schön aussehen? Um diese Frage zu beantworten, nehme ich euch heute mit in eine meiner Lieblingskneipen. Eine Location in der sich schon Generationen vor uns getroffen haben. Dort, wo mein Vater fast mal einen Joint geraucht hätte. Damals war die Kneipe noch viel abgeranzter und ehrlicher. Heute ist sie geschichtsträchtig und legendär. Ich bin heute Abend mit einem jungen Mann verabredet, der eine entspannte Bar zum Bier trinken bevorzugen würde, wie er schrieb. Aus Anreisegründen entschied ich mich für die zentral gelegene eben beschriebene Kneipe und zitierte ihn dort hin. Er wollte einen entspannten Rahmen zum Kennenlernen – am hinteren Bereich von der offenen Theke kriegt er ihn. An den typischen Kneipengeruch gewöhnt man sich ja meist recht schnell. Die ersten normalen Gesprächsversuche werden von entspannten Folk Gitarrenmelodien begleitet. Diese routinierten Anfangs-Standard-Dating-Fragen fungieren dazu, hoffentlich irgendwann auf das Thema zu stoßen, das verbindend wirkt. Bei dem man ins Erzählen, ins Zuhören, ins Bejahen abschweift. Dieser Moment, in dem man vergisst, in welchem Kontext man sich befindet und sich ganz im Gespräch verliert. Und wir haben dieses Thema gefunden. Nicht nur eins. Wir driften von der einen in eine andere Geschichte, Erfahrung, Erzählung. Und der Aufbau genau dieser legendären Kneipe, wie sie doch jeder kennt, spielt uns damit so was von in die Hände. Genauso wie wir uns von Thema zu Thema gleiten lassen, gleiten wir auch durch die traditionsreichen Hallen. Im Raucherraum sprechen wir über legendäre  Partynächte, am Tischkicker über die letzten Ergebnisse der Eintracht. Am Tresen verlieren wir uns bei einigen Runden Mexikaner in Reiseberichte unserer jeweiligen Fernwehmomente. Draußen (seine Lunge braucht des Öfteren reichlich Zuwendung, zudem ist vor der Kneipe, wie wir alle wissen, genauso in der Kneipe) lachen wir schallend über unsere bisherigen Dating-Flops und beim Verspeisen des obligatorischen Döners philosophieren wir über das Staffelfinale diverser Serien. Wie eigentlich immer bei solchen Nächten schaut man irgendwann auf die Uhr und es ist plötzlich 2 Uhr nachts. Zeit scheint in Kneipen sowieso überhaupt nicht zu existieren. Also lachen, sprechen und trinken wir noch ein bisschen weiter… Da ich so theatralisch ein positives Date-Happening versprochen habe, fragt ihr euch bestimmt schon Zeile für Zeile was jetzt aus uns wird? Nichts. Oder besser gesagt: Alles, was wir wollen. Da man solche Abende mit einem wildfremden Menschen so selten erlebt, beschließen wir beide, durch den konsumierten Alkohol und der somit erwachten Libido etwas schweren Herzens, aber dennoch: Wir werden diesen ganzen Abend nicht mit absolut austauschbaren Post-Online-Dating-Sex abwerten. Denn seien wir doch mal ehrlich, dieses ganze Friends with Benefits macht‘s doch nur unnötig kompliziert. Wir verstehen uns so gut, dass wir gleich auf das richtige Label setzen: Friends without Benefits, but with so much fun. Und damit hoch die Tassen und Gute Nacht!

Falls ihr mehr über Julia erfahren möchtet, dann seht euch ihre Facebook-Seite an!

facebook.com/julesalmondautorin

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