Musik darf beim Wortschmieden nicht fehlen

Wir wollten von unserem Autor Nils wissen: Wie sieht dein Schreiballtag aus?

Ich richte mein Schreiben nicht nach einem Zeitplan oder sonst einem Pakt mit mir selbst. Kreativität ist bei mir wie Gras von einem Fremden zu kaufen. Entweder ich spüre sie kaum oder sie schlägt voll rein, direkt volle Kanne dem Geist eins auf die Zwölf. Meistens sind es Menschen die ich kennenlerne, die mich zu einer Idee inspirieren. Ich treffe ein Mädchen, das eine geheimnisvolle Ausstrahlung hat, einen interessanten Kleidungsstil, oder sonst eine einprägsame Eigenschaft und verarbeite sie zu einer Figur, baue um sie herum eine Geschichte auf. Auch kann es total autobiographisch sein, oder ein Gedanke, der aus einem Satz einer Serie oder eines Filmes entsteht, bei dem die künstlerischen Alarmglocken läuten. Wenn ich es generalisieren sollte, würde ich sagen, das Schreiben ist für mich ein Auto-Therapie für einschneidende Erlebnisse, oder dunkle Phasen im Leben, womit ich ganz sicher nicht der einzige bin. Ich bin immer noch der vollen Überzeugung, die Leserschaft weiß gar nicht, dass sie nicht nur ein Buch aufklappt, sondern einen Lebensabschnitt des Künstlers, quasi mit dem Aufschlagen des Buches direkt in dessen Seele schaut. An einem sonnigen Tag, ohne besondere Vorkommnisse in der letzten Zeit aus dem Stegreif Kunst zu schaffen ist für mich unmöglich, deshalb gibt es Tage, an denen ich mich vor die Schreibmaschine oder den Laptop setze und einfach mal ein paar Stunden drauf los hacke, um nicht aus dem Trott zu kommen. Aber eben sind diese Geschichten mehr zweckbedingt als – sagen wir – von künstlerischem Wert. Schlimmstenfalls schreibe ich darüber, dass mir nichts mehr einfällt worüber ich schreiben könnte.
Musik darf beim Wortschmieden nicht fehlen. Hier fahre ich mein komplettes musikalisches Arsenal von Indie-Pop, akustischem Folk, melancholischen Rock-Klassiker oder -Balladen über  Jazz, Psychedelic-Rock, teilweise auch Klassik und und und auf. Hier mal ein paar persönliche Albumempfehlungen zwischen die Zeilen gequetscht, für während dem Schreiben und für ein erfülltes Leben : Dan Auerbach – Keep It Hid, The Beatles – Abbey Road, Jimi Hendrix – Axis: Bold As Love, The Fratellis – Eyes Wide, Tongue Tide, John Taylor – Bring The Stars Alive, Benjamin Booker – Benjamin Booker, Cat Stevens – Mona Bone Jakon, Pink Floyd – Wish You Were Here, The Rolling Stones – Let It Bleed. Um nur ein paar Künstler zu nennen, die mich bei diesem kreativen Prozess begleiten und denen ich vieles zu Verdanken habe. Oft ist es von der Stimmung der Geschichte abhängig, welche Musik gerade läuft. Bei energiegeladenen Szenen dürfen gerne auch Eminem, N.W.A oder ganz klassisch die Sex Pistols meine Ohren vergewaltigen. Bei »jetzt-mal-alle-kurz-ernst-bleiben-das-ist-nicht-witzig-Szenen« wird eher das melancholische Zeug aufgefahren.

Weniger wichtig aber selten Fehl am Platz ist der Alkohol. Bier, Wein, Whisky bringen meine Finger einfach dazu, schneller auf der Tastatur zu tanzen und lockern die Zunge. Nur sollte man es nicht übertreiben, da mit der steigenden Promillezahl, gleichzeitig das Niveau der Geschichte sinkt. Andere Substanzen umgehe ich während des Schreibens eher, da ich durch sie den Fokus verliere und mich zu leicht ablenken lasse.

Wenn ein Gedicht, ein Kapitel eines Romans oder eine Kurzgeschichte fertig ist, lasse ich sie, wie einen Kuchen aus dem Ofen, abkühlen und hoffe, sie gehen währenddessen nicht kaputt. Am nächsten Tag wird dann gegengelesen. Wenn ich zufrieden bin - was ich meistens nicht der Fall ist - lasse ich die Geschichte noch einen Tag liegen. Das geht dann immer so weiter und wenn der Buchstabensalat nach zwei bis vier Wochen immer noch genießbar ist, wird er, wie der Kuchen, mit Freunden geteilt.

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