Nils, Felix und Jannis in Amsterdam
Wir standen in diesem Musikstudio siebzehn S-Bahn-Minuten von Amsterdam entfernt, nach einem langen Fußmarsch vom Bahnhof in Weesp in das Industriegebiet und uns verschluckte dieses neue Universum sogleich – innerhalb eines kurzen Moments waren wir unserem Alltag so fern wir es nur sein konnten. Es war ein Donnerstagabend, am Tisch saßen Rastafaris und kifften, Ben aus UK begrüßte uns, stellte uns Tommaso aus Italien vor, der auch in diesem Airbnb wohnen sollte und uns zur Hand gehen würde. Ben zeigte uns das Tonstudio mit den vielen alten Geräten, ein Saxofonist kam uns entgegen, er machte mir bzw. meiner Brille ein Kompliment, Jan – später sollte sich herausstellen, dass er schon mehrmals mit DER holländischen Band Doe Maar auf der Bühne gestanden hatte. Wir wurden durch die Küche und das Bad geführt, dann in unser Zimmer für die nächsten Tage: auch hier konnte man sich in das Jahr 1968 zurückversetzt fühlen, überall Buddhas und indische Tücher, Kerzen und Vasen, dunkles Holz, gemütliche Sofas und Stühle. Dann bekamen wir auch noch eine Ration zum Rauchen geschenkt ... Wir – Nils, Felix und ich – würden uns hier sehr wohl fühlen ...
Rückblick: Wer uns schon länger auf unserer Like-Seite folgt, weiß um die enge Freundschaft von Nils Lacker und mir. Nur wissen die meisten vermutlich nicht, wie sie zustande kam. Eine Schulfreundin erzählte mir von einem jungen Mann, der der Halbbruder ihres besten Freundes sei, und der gerade seinen ersten Gedichtband beendet habe. Sie fragte mich, ob sie mich auf Facebook verbinden könnte. So begannen Nils und ich nächtliche Chats, in denen wir uns über Literatur, Musik, Kunst und Kultur, über Großstadt und Dorf, über Sprache, über die Liebe und alles, was uns durch den Kopf ging, austauschten. Zur Buchmesse 2015 dann besuchte Nils mich gemeinsam mit seinem Cousin Felix und ab diesem Zeitpunkt wusste ich, dass ich da zwei junge Männer kennengelernt habe, die ich für immer in mein Herz schließen würde. Richtig enge Freunde wurden Nils und ich dann im Dezember 2016, als ich ihn spontan in Edinburgh besuchte, eine Reise, die zustande kam, weil a) Nils es vor seinem Auslandsaufenthalt nicht mehr nach Frankfurt geschafft hatte und ich dringend eine Auszeit von der Messestadt brauchte. Wir verbrachten damals sehr viel Zeit miteinander, gingen stundenlang spazieren und redeten ...
2015 hatte ich ein bisschen die Aufgabe übernommen, Nils‘ Mentor zu werden und mit ihm an seinen Texten zu arbeiten. Er ist ja sehr vielseitig, von Gedicht zu Kurzgeschichte zu Roman zu Liedtext – es gibt kaum ein Genre, das er nicht bedienen möchte, wobei gerade die Musik bei ihm ganz oben steht. Daher hatte ich auch die Idee, uns in diesem Musikstudio, Earthwork, in Weesp einzumieten – vier Tage sollten uns reichen, um ein Lied professionell aufzunehmen und ein Video dazu zu drehen. Das war unsere Mission! Es waren vier sehr schöne Tage, die gleichzeitig schier endlos erschienen und trotzdem viel zu schnell vergingen. Wir verbrachten sehr viel Zeit im Musikstudio, in unserem Zimmer mit netflixen und wir machten Amsterdam etwas unsicher. Wir brauchten ja Bilder, Bilder, Bilder. Wir fuhren in Weesp mit dem Fahrrad herum, wir spazierten in Amsterdam die Grachten entlang, wir suchten ständig etwas zum Essen und zum Trinken und das Smartphone hatten wir immer in der Hand für den Fall, dass etwas vor unsere Linse kam, dass uns für unseren Video-Clip taugte.
Auf den Bildern seht ihr Nils mit Ben, wie sie »Ich fass mich an« aufnahmen, Felix und ich saßen im Vorraum am Tisch, wechselten uns mit dem Filmen und Fotografieren ab und diskutierten über das, was wir aus dem Tonstudio hörten.
Auf den Bildern sieht man das wunderschöne kleine Städtchen Weesp und die größere und noch schönere Stadt Amsterdam, in die wir bald wiederkehren werden, das ist sicher! Amsterdam ist unsere Stadt – und wenn es uns unser letztes Geld kostet! (Äh, teure Pizza und teures Bier, Hallo?!)