Hinterher wissen wir bei guten Ideen nie, wann sie uns tatsächlich das erste Mal zuflogen, meist wissen wir allerdings, wann sie zu einem Plan reiften. In diesem Fall: einen Verlag zu gründen. Zuerst war es die Idee eines Einzelnen, dann wurde ein Zweiter gefragt, der begeistert dabei sein wollte, dann ein Dritter. Gemeinsam überlegten wir uns ein erstes Konzept, das auf Zustimmung im Freundes- und Bekanntenkreis stieß. Nein, Moment, kurz innehalten, zurückspulen. Eines fehlte ja noch, als das Konzept schon stand: der Name!
Vor ein paar Jahren spielten mein Kumpel Marco Ullrich und ich ein bisschen an seinem Computer herum, ich erzählte ihm von meinem Traum, einen Verlag zu gründen, irgendwann einmal, später, und er lernte gerade die Kunst des Logo-Herstellens. Und hatte eine ganz süße Idee, die wahrscheinlich nur mir gefiel:
Nein, das war für unser Vorhaben zu verspielt, zu wenig seriös, zu sehr Kinderbuchverlag, der wir nicht sein möchten. Unser Claim ist „Urban leben – urban lesen“. Wir möchten uns dementsprechend auch mit Texten befassen, die das moderne urbane Leben beschreiben, sich mit der Digitalisierung der Gesellschaft, mit der Globalisierung, mit Gentrifizierung, Kunst im öffentlichen, (städtischen) Raum, mit Urban Gardening, Transition, Trendsportarten, mit der Zukunft der Erde, mit Slow Food, Nachhaltigkeit und vielem mehr beschäftigen. So brauchen wir einen Namen, der zu dieser Thematik passt.
Nur: irgendetwas mit „urban“, so in Richtung „urban4life“ oder „urbanlecture“ war uns zu sehr 2010, abgegriffen, nicht mehr zeitgemäß. Wir wollten einen Namen, der nicht aus der Mode kommt. „Urban“ kommt ja vom Lateinischen „urbanus“, zur Stadt gehörend, städtisch.
„Wie heißt es denn im Griechischen“, fragten also meine Mitstreiter Nikk und Daniel, und da fiel mir zunächst der sehr überfrachtete Begriff „Polis“ ein, den ich euch sicherlich nicht näher erklären muss. Der war genauso abgegessen wie jegliche Verbindung mit „urban“. Doch dann dämmerte es mir so langsam, die Polizei heißt in Griechenland „αστυνομία“ (astinomia) – witzigerweise, denn das Wort Polizei wird folgendermaßen hergeleitet: aus dem lateinischen „policia“ (Staatsverwaltung), was wiederum gleichbedeutend mit πολιτεία (politeia) im Griechischen ist. Das führte mich dann zum Astikos Kodikas (Αστικός Κώδικας), auch Astikos Kodix (Αστικός Κώδιξ), welches 1940 verkündet wurde, aber wegen der Kriegsunruhen erst seit 1946 als Zivilgesetzbuch Griechenlands in Kraft getreten ist. „αστικός“ (astikós) bedeutet also übersetzt „städtisch“, in der Regel in Verbindung mit einem Nomen.
„Astikós!“, riefen wir gleichzeitig aus: „Das hört sich großartig an!“ Ja, nicht nur diese offenen Vokale gefielen uns, sondern auch dieses Ausrufezeichen, das man im Wort zu hören vermeint, wie ein „Olé!“ oder ein „Jalla, jalla!“. Es fordert einen auf, in Aktion zu treten, am besten gemeinsam, in einer „Bewegung“, ja, wie ein „Viva la Revolución!“. „Astikós!“, rufen wir euch also zu, und hoffen, dass wir den Nerv der Zeit, aber vor allem eure Themen und euren Lesegeschmack treffen. „Astikós!“, rufen wir euch also zu, und möchten damit sagen: „Macht mit! Auch ihr könnt ein Teil von uns werden!“