Sterben können wir später

oder: wie Lektor und Autor zusammen()wachsen können

Ganz ehrlich? Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie, wann und wo ich Nico Feiden kennengelernt habe. Plötzlich war er ein Teil meines Lebens, jemand, den ich einen Freund nennen kann. Unsere Treffen sind nicht häufig, dafür jedoch umso intensiver. In unserer relativ kurzen Freundschaft haben wir schon einige Höhen, aber auch Tiefen erlebt. Das ist immer so, wenn zwei emotionale Menschen aufeinandertreffen.

Vielleicht war darin auch meine Angst begründet, Nicos Text zu lektorieren. Diese Konstellation gibt es nämlich selten: nicht nur dem Autor war dieses Manuskript sehr nah, sondern auch dem Lektor – denn ich kannte bereits vor dem ersten Lesen einige der Anekdoten und Erfahrungen, die ich dann schwarz auf weiß lesen und bearbeiten musste. Und alles, was einem in der Literatur besonders nah ist, tut auch weh. Doch wer möchte bewusst diese Schmerzen riskieren?

Das Gute daran, Schlechtes zu erwarten, ist, dass es viel Luft nach oben gibt. Zumindest bei einem von uns (und es war nicht ich) überwog immer die Erleichterung, dass es sehr viel leichter als erwartet war. Der andere (ich) lernte zwar sehr viel Neues bei dieser Abenteuer-Reise in den Süden, die Leichtigkeit der Straße eignete er sich doch niemals an. Wir blieben ein ungleiches „Paar“, so wie es ja schon von Anfang an zwischen uns war. Seelenverwandt werden wir uns niemals nennen, doch miteinander verbunden sind wir seitdem ersten Augenblick.

Wenn Nico mir in späteren Texten eine Rolle geben wird, dann werde ich anders skizziert werden als die Personen, die er in diesem Kurzroman beschreibt. Es wird vermutlich so herzlich sein, wie er seine Freundinnen und Freunde, die er in dieser Phase kennenlernte, charakterisiert. Doch er wird auch von Brüchen reden, von Diskussionen, die wir miteinander führten, von Uneinigkeiten, aber auch vom gegenseitigen Lernen voneinander.

Vieles, was Nico in diesem Text über sein Innenleben schreibt, konnte ich sehr gut nachvollziehen, sehr vieles, was er erlebt hat, konnte ich sehr gut verstehen, wenn auch nicht alles – dafür ist meine Geschichte doch zu verschieden von der, die ihn immer noch verfolgt. Uns trennen fast zwei Jahrzehnte Lebenserfahrung – das wirkt sich auf alles aus, auch auf unsere gemeinsame Arbeit, auch wenn es, wenn wir beisammen sind, so harmonisch erscheint. Wir sind unterschiedlich und das ist gut so. Wir konnten uns einander bereichern, wir konnten uns Grenzen setzen – und am Ende haben wir uns nicht zerstritten, sondern sind enger zusammengewachsen.

 

 

Nico Feiden ist ein Suchender, ein Rastloser, ein Poet, vielleicht könnte man ihn einen modernen Beatnik nennen. Nachdem er die natürlichen Schönheiten der Mosel-Region, die Rebhügel und Weine der Gegend vollgesogen hatte, entschied er aus dem heiligen, aber langweiligen Paradies auszubrechen. Er machte sich daran, in den Süden zu ziehen, um neue Horizonte zu sehen und Erfahrungen auf der Straße zu sammeln. Er ließ sich treiben und lernte dabei jene Menschen kennen, die die meisten Geschichten über ihren Aufenthaltsort erzählen konnten: die Obdachlosen, die Künstler und die Kaputten. Nico Feiden nimmt uns auf seine Reise mit – er lässt uns nicht nur an seinen Abenteuern teilhaben, sondern von ihnen lernen. Nicht nur er ist am Ende der Reise weiser ...

Mehr zu Sterben können wir später...

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert