Julia Mandl – Literarische Gastbeiträge

Ein bisschen knutschen ist doch drin

Heute erzähle ich euch mal wieder eine meiner kleinen Dating Geschichten. Ich bin nämlich mit dem geschäftigen DJ verabredet. Alterstechnisch besitzt er schon knapp die Legitimation für coole Ü30 Partys. Schön ein Weinchen trinken, erscheint mir eine gute Idee. Ich entscheide mich für eine kleine süße Weinbar, mit vier überschaubaren Weinfässern, an denen man Platz finden und genüsslich südafrikanische Weine probieren kann. Da man nie weiß, wie ein Date so verläuft, ich mir aber ganz sicher sein kann, dass mich dort wenigstens der Inhalt meines Glases überzeugt, halte ich es für einen gelungenen Treffpunkt – für den DJ und mich. Was ich bisher über ihn weiß? Er macht irgendetwas im Vertrieb und ist viel in ganz Deutschland unterwegs. Tja, und nebenbei ist er eben auch noch DJ. Am Abend vor unserem Treffen hat er aufgelegt – sagt er – ich bin schon ganz neugierig: Wo? Wie sind seine Sets? Gibt es beim nächsten Mal vielleicht Gästelisten-Plätze? Badabing, nichts da Leute: Es war ein 50.(!) Geburtstag. »Boah, das war ne Party sag ich dir, richtig abgegangen sind die Leute« schildert er mir den vergangenen Abend, absolut überzeugt davon. In meinem Kopf ertönt ein Medley aus dem Besten von Abba bis Zappa und natürlich der blonden Helene. Hallo, Wirt, Alkohol bitte! Der Wirt des kleinen Weinlokals erinnert übrigens ganz reizend an eine Mischung aus kuscheligem Opa und trinkfestem Weihnachtsmann. Mein Gegenüber, der Mann der mehrmals in der Woche mit Geschäftskunden essen geht, bittet um einen süßen Weißwein. Ich kann euch gar nicht sagen, wie gut der Wirt seine Gesichtszüge im Griff hat, es ist bewundernswert. Ganz der Profi, fischt er wirklich aus der hintersten Ecke einen süßen Weißwein hervor. Vielleicht ist es auch nur Sprite, wer schmeckt schon bei süßen Weinen einen Unterschied? Ich habe jetzt jedenfalls ein Glas Wein (trocken natürlich) mit dem ich mich beschäftigen kann, denn der Spaß geht erst richtig los. Er redet und redet und ach ja, ER redete. Natürlich von sich. Ganz kurz kann ich erwähnen, dass ich am Theater arbeite, da unterbricht er mich augenblicklich und schmettert mir ins Gesicht: »Theater, bah.« Was ich da wolle, ins Fernsehen zu einer Soap müsse ich. Da gebe es Geld. Jetzt hat die große Stunde des Wirts geschlagen (hatte ich erwähnt, dass wir bislang die einzigen Gäste waren?). Er bricht in schallendes Gelächter aus und erklärt meinem Date, auf sehr charmante Weise, was für einen Schwachsinn er da die ganze Zeit redet. Zum ersten Mal an diesem Abend, amüsiere ich mich wirklich. Ich habe das Verlangen klatschend auf meinem Barhocker auf und ab zu hüpfen, aber ich nippe nur souverän an meinem Glas und schmunzele dem Mann, der mir meinen Alkohol bringt dankbar zu. Sichtlich konsterniert spricht der DJ jetzt etwas leiser – von sich selbst! Er erzählt mir von einer Werbeaktion einer hiesigen Stromgesellschaft bei der er als Model auserwählt wurde. Uhiuhiiuhii, er sagt mir, er wäre wirklich der Paradiesvogel am Set gewesen. Ganz zufällig natürlich, trägt er heute Abend auch den Blazer in Jeansoptik, den er für das Shooting bekommen hat. Ja richtig gelesen, keinen Jeans Blazer – besser noch: Jeansoptik, liebe LeserInnen! Tja, ein Paradiesvogel müsste man sein. Und siehe da, plötzlich rutscht seine Hand auf meinen Oberschenkel. Und schon steht der Wirt an unserem Tisch und fragt mich, ob ich noch etwas trinken möchte. Nein, die Rechnung bitte. Draußen bleibt der DJ stehen und fragt mich ernst: »Ein bisschen knutschen ist doch noch drin, wir können uns in mein Auto setzen.« Ich verabschiede mich blitzschnell, ich müsse dringend zu meinem Bus und tschüss. Nennt mich altmodisch, aber wenn, dann knutsche ich gerne mit Männern in deren Autos, die wenigstens 5 Minuten etwas von meiner Persönlichkeit wissen möchten. Ich drehe eine Runde, kehre ins Weinlokal zurück und trinke mit meinem Beschützer einen Schnaps aufs Haus. Die Moral von der Geschichte? Wenn ihr ein Date mit einem narzisstischen Paradiesvogel habt, geht südafrikanische Weine trinken, Bodyguard inklusive.

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