Julia Mandl – Literarische Gastbeiträge

Vamos a la playa

Sommerzeit ist Urlaubszeit. Ich bin mit einer Freundin in Barcelona. Viva España. Frisch gelandet und vorfreudig auf Sangria, Paella und die spanische Sonne. Unser Hostel liegt direkt auf den Las Ramblas. Leider waren die Fotos auf der Homepage anscheinend in einem komplett anderen Hotel aufgenommen, so dass wir leicht geschockt von der Größe des Zimmers feststellen, dass dessen Fenster anscheinend proportional zu den engen Verhältnissen designed sind, oder das, was die Spanier anscheinend Fenster nennen. Unsere sommerliche Laune lassen wir uns davon jedoch (noch) nicht verderben und schmeißen unsere Taschen auf das wackelige Stockbett und stürzen uns in unseren ersten Abend in Barcelona. Wir laufen die Ramblas entlang, lassen uns von der Menge bis zum Hafen von Barcelona treiben. Dort entscheiden wir uns für unseren ersten Step für heute Nacht. Es sollten noch weitere kommen. Aber eins nach dem anderen. Wir sitzen also auf dem Steg, die Füße baumeln überm Mittelmeer. Fragt mich jetzt bitte nicht, wie das nachfolgende geschehen konnte, wir wissen es wirklich nicht. Nach kurzer Zeit erkennen wir im Augenwinkel einen merkwürdigen Schatten hinter uns, ein Blick nach hinten und es offenbart sich uns, ein komischer Typ auf allen vieren, der erschreckt aufschnellt und weghuscht. Ein Griff zu unseren beiden Handtaschen, puh beide noch da. Gott sei Dank. Wir entspannen uns und lachen gut fünf Minuten über den wohl schlechtesten Taschendieb Spaniens. Wirklich, ich schwöre beide Taschen waren noch da. Einen aufgewirbelten Taubenschwarm der vor uns gen Himmel flog später, war die Tasche meiner Freundin weg. Auf nimmer wiedersehen in den Händen eines spanischen Diebes verschwunden. Keine Ahnung wie und wann das jetzt bitte passiert ist. Die Stimmung könnte definitiv besser sein. Die Guardia Civil Barcelonas macht es auch nicht besser, in dem sie uns gar nicht zuhören, sondern uns nur erklären, dass die Flasche Wein in unserer Hand hier verboten sei. Dass eine geklaute Handtasche einer Frau mit dem gesamten Hausstand darin, eine Flasche Wein und das Trinken direkt aus ihr, aber sowas von legitimiert, erspare ich mir dem unfreundlichen Polizisten zu erklären. Die spanischen Behörden verstehen auf einen Schlag sowieso nur noch Catalan. ¿Que?

Traurig sitzen meine Freundin und ich nun also auf einer Parkbank in der Nähe vom Strand. Step 2 dieser Nacht. Während ich versuche sie aufzuheitern, und mit meiner Art von Humor mehrmals betone, dass der Urlaub jetzt doch nur noch besser werden kann, kommt ein Typ daher und spricht uns an, ersichtlich erfreut an zwei hübschen deutschen Mädels. Ich übersetze englisch spanische Schwierigkeiten und erkläre ihm unseren ersten fehlerhaften Eindruck von Barcelona. Nach kurzer Zeit pfeift er schrill und winkt einen weiteren Typ zu uns ran. Leicht erschreckt, auf alles vorbereitet, sind wir gespannt was jetzt passiert. Klauen sie jetzt zu zweit auch noch meine Tasche? Oder gar, noch schlimmer, unsere Flasche Wein? Nein, es stellt sich raus, dass unser freundlicher Typ bei Tageslicht ein Straßenverkäufer ist und einen Kollegen her zitiert, der gerade Feierabend gemacht hat, aber nun extra nur für uns sein Tuch mit Handtaschen ausbreitet. Ein Handtaschenverkäufer nur für uns alleine, welch ein Traum. Nach 20 Minuten bin ich bei +1 Taschen und meine Freundin  mit einer kleinen Finanzspritze meinerseits wenigstens wieder bei einer Bilanz von -1 auf 0. Leider muss unser Taschenheld auch weiter, wünscht uns einen tollen Abend in der tollsten Stadt Europas und entschwindet in die Dunkelheit. Mit unseren neuen Taschen in der Hand wirkt Barcelona wirklich wieder ein Stückchen schöner.  Es wird Zeit für Step 3 dieses Abends.  Handtaschen unterm Arm wagen wir uns nun etwas näher an den Strand und die Partymeile der Stadt. Es dauert nicht lange, bis wir wieder angesprochen werden. Dieses Mal auf Deutsch. Einer dieser Animateure vor Discotheken bietet uns dies und das und jenes an, damit wir in den Club gehen, für den er Provision erhält. Was soll´s, dieser Abend, und der Gedanke an unser Hostelzimmer, braucht wahrlich noch ein wenig Gin, vielleicht auch etwas Rum. Dem Animateur blitzen die Dollarzeichen in den Augen und er bringt uns geschwind zur Diskothek. Meine Freundin läuft etwas abseits und telefoniert mit ihrer Mutter um das Geldproblem für den restlichen Urlaub zu lösen. Ich unterhalte mich mit dem Typ rege auf Deutsch. Als wir auf den Club zulaufen, sehe ich einen widerlich grinsenden Türsteher, der dem Typ zuruft: »¿Y esa? ¿Es tu perra de esta noche?« Zu Deutsch, ob ich seine Schlampe für heute Nacht wäre. So 8 Jahre Spanisch in der Schule, zeigt mal was ihr könnt. Mit einem zuckersüßen Lächeln stehe ich vor dem schwitzenden Türsteher und erkläre ihm auf perfektem Spanisch: »¿Cómo? Me llamaste una perra? Que no soy una perra, ni de él ni de otros. Pues como ya no vamos a entrat: muchisimas gracias por las monedas ahorradas. ¡ Adiós!« Also so viel wie: »Nein, bin ich nicht du Vollpfosten und mein Geld lasse ich sicherlich nicht in deinem Scheißladen.« Nur auf nett natürlich.  So lasse ich den Türsteher mit offenem Mund und einen fast weinenden Animateur einfach stehen und laufe mit meiner Freundin einfach in den Club direkt daneben. Und was soll ich sagen? Die beste Entscheidung. Denn uns erwartet ein kostenloser Schokobrunnen. Ein Schokobrunnen in einer Diskothek, einen Schokobrunnen Leute und ach ja eine exklusive Außenterrasse zum Strand hinaus, aber das fiel uns eher zweitrangig auf. So ging unser erster Abend in Barcelona Erdbeeren futternd also auch irgendwann zu Ende. Und ich behielt Recht: der Urlaub wurde legendär und wahrlich noch viel besser.

 

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P – Stadt/ Kultur-Magazin Darmstadt

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