Julia Mandl – Literarische Gastbeiträge

Du hast Geburtstag – kein Grund auszuflippen

Happy Birthday to me, Happy Birthday to me, Happy Birthday liebe Julia,

Happy Birthday to me.

Im August jährt sich immer wieder aufs Neue, der Tag meiner Geburt. Während einem krassen Sommergewitter, nach einer absurden Hitze, die meine Mutter hochschwanger ertragen musste, erblickte ich vor ein paar Jährchen also das Licht der Welt. Mein fünf Jahre älterer Bruder rannte im Vorgarten unserer Oma herum und schmetterte jedem, ob er es hören wollte oder nicht »XY, ich habe eine Schwester« um die Ohren. Joa, da hat er sich noch gefreut … er war so naiv 😉 Und seitdem heißt es also nun alljährlich am 19.08.: aufgepasst liebe Menschheit, Prinzessin Julia hat Geburtstag. Seit 25 Jahren jetzt, um es genau zu sagen. Da ich damit nun im perfekten Alter für diese neue hippe »Quarterlife Crisis« bin, ist es für mich mal an der Zeit, die Qualität dieses Tages zu überdenken.

Ich lehne mich wirklich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich mich hier Prinzessin Julia nenne. Genauer gesagt: Julia, die Geburtstags-Prinzessin. Ja, ich liebe diesen Tag. Als kleines Mädchen saß ich jedes Jahr überpünktlich und pedantisch (so wie ich nun Mal bin) schon Ewigkeiten bevor meine Gäste eintrafen mit einem kleinen Stühlchen in einem hübschen Kleidchen vor dem Haus und wartete so auf den erlesenen Kreis der eingeladenen Menschen. Absagen nahm ich als absolute persönliche Kränkung entgegen. Mitte August Geburtstag zu haben, bedeutet eine Wahrscheinlichkeit für gutes Wetter, aber auch, dass er in die Sommerferien fällt. So einige Eltern meiner damaligen Freunde haben Jahr für Jahr bei ihrer Urlaubsplanung nicht an meinen Geburtstag gedacht und für ihre Kinder den Zorn der Julia auf sich gezogen. Absagen nahm ich damals so locker hin, wie heute das verschütten von einem guten Rotwein. Versöhnlich wurde ich erst wieder gestimmt, nachdem ich ein Geschenk aus dem jeweiligen Urlaubsland ausgehandelt hatte. Jahr für Jahr bauten mir meine Eltern also eine Tafel im Garten auf, meine Oma backte mir meinen Lieblingskuchen und die Geschenke gab es morgens mit verstrubbelten Haaren und verschlafenen Augen im Bett. Doch dann fing es irgendwie an, anstrengend zu werden. Die Freundeskreise wurden differenzierter, die hatten keine Lust auf die, der mag den nicht usw. Der isst nur glutenfrei, der vegetarisch, der andere wiederum guckt zu tief ins Glas und niemand will mit mir Tabu spielen. Ich kann mich noch gut an das Fiasko 2009 erinnern, als eine Freundin mit ihrem Messer, das gerade noch ein Steak durchgeschnitten hat, sich ein Stück vom vegetarischen Grillkäse abschnitt. Für die vegetarische Freundin war somit der Käse kontaminiert und die Stimmung im Keller. Ihr beleidigtes Gesicht fiel außer mir aber auch niemandem auf, waren die anderen zu sehr damit beschäftigt, in ihren Grüppchen über das andere Grüppchen meines Freundeskreises zu lästern. Vielen Dank auch. Verlieren wir hier gerade nicht den Fokus um was es an diesem Tag doch eigentlich gehen sollte? Um Nächstenliebe, Freude, Warmherzigkeit. Kurzum: um meinen Geburtstag! Nach etlichen Jahren, bei denen ich alle zufriedenstellen wollte, Geburtstagsfeiern aufgeteilt habe, damit auch immer nur die anwesend sind, die sich mögen, für alle mehrmals Getränke, Chips, und Schnaps nachgeholt habe und meinen Geburtstag mehr laufend als sitzend verbrachte, habe ich mich dieses Jahr entschlossen, alles wieder wie früher zu tun. Ich werde mir also dieses Jahr wieder eine Figur bestehend nur aus Luftballons wünschen und mit einem Stühlchen im Vorgarten sitzen und auf eine kleine Anzahl besonderer Menschen warten. Besondere Menschen, die mich aus vollem Herzen und mütterlichem Blick einen Tag lang Prinzessin sein lassen, auch noch mit fünfundzwanzig, mit Kleidchen, Stühlchen vorm Haus und leuchtenden Augen beim Auspusten der Geburtstagskerzen.

Falls ihr mehr lesen möchtet von Julia, dann seht auch hier mal rein

P – Stadt/ Kultur-Magazin Darmstadt

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