Sonst fahre ich am Frankfurter Flughafen immer nur vorbei. Mit der S8, wenn ich nach Frankfurt will, oder irgendwo anders hin. Wenn man in Mainz startet führt fast kein Weg an der S8 vorbei. Oder wenn ich zurück von irgendwo nach Mainz komme. Aber dieses Mal war es anders, ich durfte mich unter gefühlt 200 Leute mischen, die am Flughafen aus der S8 strömen, hin zu ihrer großen Reise. Oder auch einfach zu ihrem Job. Ich jedenfalls betrat den Flughafen als Reisende. Mein Ziel: Stockholm.
»Venedig des Nordens«, »Schwimmende Stadt«, »Kleinste Großstadt« bzw. »größte Kleinstadt der Welt« – Stockholm hat viele Namen und mindestens ebenso viele Facetten. Der erste Eindruck gemischt mit dem, was ich über Stockholm oder gesamt Schweden gehört hatte: einfach perfekt. Das Wetter empfing mich mit strahlendem Sonnenschein. So hatte ich mir das eigentlich nicht vorgestellt. In meiner Vorstellung trage ich ganz viele Lagen Klamotten und eine Regenjacke und friere trotzdem. Nix! Richtig viel Sonne! Auch wirkte die Stadt zugleich ruhig und bunt. Ziemlich International – viele verschiedene Kulturen treffen hier aufeinander. Das bestätigte sich auch in der Unterkunft, einem kleinen Hostel. Hier waren nicht nur Reisende aller möglichen Länder untergekommen, sondern auch Residents aus verschiedensten Ländern und Kulturen. Beispielsweise ein Mädchen aus Eritrea, das aus dem hohen Norden Schwedens kam.
Stockholm ist Schwedens einzige Millionenstadt. Es war zu erwarten, dass diese Stadt Internationalität und Kulturenvielfalt ausstrahlen wird. Auch künstlerisch hat Stockholm viel zu bieten. Beispielsweise das Fotografie-Museum »Fotografiska«, in dem aktuelle die Ausstellung »Non Grata« von Åke Ericson zu sehen ist. Und diese Ausstellung zeigte mir zum ersten Mal die Schattenseiten Stockholms auf. Schon in den Fußgängerzonen waren mir die jungen Roma-Frauen aufgefallen, die betteln, an Tische kommen und den Touristen Bilder ihrer Kinder entgegenstrecken, in der anderen Hand einen Pappbecher mit Kleingeld. Ericson thematisiert in seinen Fotografien die Probleme des Roma-Volkes, ihre Heimatlosigkeit und stetige Vertreibung – auch aus Stockholm und Schweden. Diese Ausstellung verdeutlicht, dass die Flüchtlingskrise schon viel früher begonnen hat und lange einfach unbeachtet blieb. Ericson hofft durch seine Bilder aufzuklären. Zumindest in meinem Fall ist das geglückt.
Die meiste Zeit war ich zu Fuß unterwegs – durch Gamla Stan, die wunderschöne Altstadt mit Toskana-Flair, durch Norrmalm, Östermalm, Södermalm und Djurgarden. Ein Traum. Viel grün, viel blau. Einmal ging es mit der Fähre nach Vaxholm. Obwohl ich dachte, noch schöner geht es nicht – es ging!
Fasziniert hat mich an Stockholm besonders das viele Wasser. Eine Stadt im Meer. Vielleicht trägt das dazu bei, Stockholm so ruhig und entspannt wirken zu lassen. Immer wieder hielt ich inne und blickte auf das Meer. Wenn das alle Menschen auch mal in anderen Großstädten machen könnten, wären wir bestimmt viel entspannter.