Reykjavik – Everything here is within walking distance

„Everything here is within walking distance“ war die Antwort meines Airbnb-Gastgebers in Reykjavik auf meine Frage, ob oder welche Museen denn in Laufweite seien.
Ja, Reykjavik ist auf den ersten Blick fast keine richtige Großstadt. Mit seinen gut 120.000 Einwohnern ist es nicht einmal ein Zwölftel von München, und das wird von Berlinern schon als Dorf bezeichnet. Aber auf der anderen Seite leben in Reykjavik mehr als ein Drittel aller Isländer und in der Metropolregion deutlich über die Hälfte. Für das Verhältnis müssten in Berlin über 30 Millionen Menschen leben. Dass sich das wirtschaftliche und vor allem auch das kulturelle Leben Islands mehr noch als in anderen Ländern auf die Hauptstadt konzentriert, verwundert da nicht sonderlich. Hinzu kommt noch die abgeschiedene Lage des Landes und dass es mit seiner – für unsere Ohren eigenwilligen – Sprache, die quasi nur dort gesprochen wird, sein zwar kleiner, aber eigener Kulturraum ist. So ist Island beispielsweise das Land mit den meisten Buchneuerscheinungen in Relation zu den Einwohnern. Und genau das – dass sich die isländische Kultur hier konzentriert – spürt man in Reykjavik, eine kleine, und mehr urbane Stadt als manch andere, größere Stadt. Und das eingerahmt in der typischen nordischen Architektur und der Landschaft Islands.
Natürlich ist Reykjavik überschaubarer als Millionenstädte – klar. Aber da sich eben alles in Island auf diese Stadt konzentriert, gibt es trotzdem so ziemlich alles…eben nur etwas gemütlicher als vielleicht in New York. Museen, schöne Gebäude, Street-Art, jeden Tag Live-Musik oder andere Veranstaltungen in den vielen Bars und die lockere und wunderbar selbstironische Art der Isländer – die sich auch in den Souvenirläden zeigt, denn Witze über das ständig wechselnde Wetter, die sehr spezielle Sprache oder dass jeder jeden kennt oder irgendwie verwandt ist, gehören hier irgendwie dazu.

Als ich in meiner Pension ankam, bin ich einem New Yorker über den Weg gelaufen, mit dem ich mich kurz unterhielt, bevor ich eine erste Runde durch die Stadt drehte und etwas essen wollte. Er wollte sich, jetlaggeplagt, noch etwas ausruhen. Kurz nach Mitternacht kam ich zurück, hatte ich eigentlich vor, mich hinzulegen. Da war er gerade auf dem Sprung, um sich mit drei Leuten zu treffen und ein bisschen zu feiern. Ob ich Lust hätte mitzukommen… dann gehe ich eben noch nicht schlafen. Stattdessen bin ich mit eben jenem New Yorker, einer Kanadierin, einem in Island aufgewachsenen Esten und einem echten Isländer durch verschiedene Bars und Clubs gezogen. Da hat es echt einen großen Vorteil, dass alles irgendwie nah beieinander ist. Das war eine unerwartete, aber wahnsinnig unterhaltsame Partynacht, in der ich die Offenheit der Isländer schon einmal kennenlernen durfte.
Da ich beruflich in Reykjavik war, hatte ich dazu noch weitere Möglichkeiten. Ich habe, glaube ich, selten so viel bei einer Schulung und einem Meeting gelacht. Ein besonders „isländischer Moment“ dabei war wohl als ich davon erzählt hatte, dass ich mir drei Bücher von isländischen Autoren gekauft hatte. Eins davon ist von dem Cartoonisten Hugleikur Dagsson. Wie sich herausstellte, der Halbbruder einer der Bibliothekarinnen, die an der Schulung teilnahm. Als ich sie darauf ansprach und wir uns etwas über seine Cartoons unterhielten, war es ihr sehr wichtig, mit einem leichten Grinsen klar zu machen, dass sie nicht dieselbe Mutter hätten… ein Witz, den man sofort versteht, wenn man sich einige der Cartoons mal angeschaut hat.

Ich bin (leider) nur vier Tage in Reykjavik gewesen, habe die Zeit dort aber sehr genossen. Klar, es ist nicht Berlin oder gar New York, aber mich hat die Stadt doch sehr überrascht. Wie international und offen sie ist, und was sie doch zu bieten hat. Reykjavik ist eine faszinierende Stadt, auch mit allen dunklen Seiten einer Großstadt wie Arbeitslosigkeit usw. Irgendwann geht es auf jeden Fall mal wieder hin, bis dahin habe ich ja auch noch meine Bücher, die sich zum Teil auch mit der gesellschaftlichen Seite befassen.

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