Julia Mandl – Literarische Gastbeiträge

Zieh die Strumpfhose aus

Vor kurzem war ich mit meinen Eltern in Belgien. Meine Eltern waren eigentlich für eine Veranstaltung dort. Aber ich schloss mich kurzerhand – gedrängt durch die Vorstellung von belgischen Pommes – ihrer Reise an. Es war ein wunderschönes Wochenende mit rasenden belgischen Autofahrern. Einem Shoppingstreifzug mit meiner Mutter, einem späteren Wiedersehen mit meinem Vater – nach dem wir alles Geld ausgegeben hatten – bei belgischen Waffeln. Und einem verdutzten Zugkontrolleur, da mich die französische Aussprache meines Umstieg Bahnhofes vor linguistische Herausforderungen stellte (Liege-Guillemins).
Auch mit 25 Jahren kann es richtig schön sein, mal wieder mit den Eltern zu verreisen. Nicht nur aus finanziellen Gründen natürlich. Man ist älter geworden und kann so viele Dinge mit den eigenen Eltern ganz anders wahrnehmen. Den Besuch von guten Restaurants oder ein Glas Sekt mit der Mama vorm Schlafen gehen. Man kann auch mal die Last von den Eltern nehmen, in dem man beispielsweise dem Vater dadurch hilft, dass man sein Handy übernimmt, in die richtige Richtung dreht und sich so den korrekten Weg von Google Maps zeigen lässt 😉 Durch diesen kleinen Ausflug mit meinen Eltern musste ich jedoch wieder an meinen allerersten Urlaub alleine mit Freunden denken. Es war Dublin. Genosse Jannis ist übrigens gerade auch dort und ich beneide ihn sehr.
17 war ich damals. Als ich mich mit zwei Freundinnen entschloss für ein paar Tage zu verreisen. Ganz alleine. Für mich zum ersten Mal ohne meine Familie. Für meine Freundinnen nicht. Aber für mich bedeutete es, dass erste Mal zu fliegen ohne die Hand von Mama und Papa zu halten. Ich saß also ganz tapfer im Flugzeug, um in die irische Hauptstadt zu gelangen. Und dieser Urlaub hatte alles. Er setzte definitiv Meilensteine für alle weiteren Städtetrips, die ich seitdem unternommen habe und noch unternehmen werde. Wir kamen abends an und eine Stadt zum ersten Mal im beleuchteten Zustand von Lichtern und Straßenlaternen zu sehen, ist einfach traumhaft. Dublin war traumhaft. Wir fuhren ans Meer. Wir lauschten Straßenmusikern bei ihrer Version von »use somebody«, ein Lied, das ich für immer und ewig mit Dublin verbinden werde. Wir verbachten einen ganzen Tag nur im Pennys – das angelsächsische Äquivalent zu dem damals in Deutschland noch nicht vorhandenen Primark – machten eine Stadtrundfahrt in einem Amphibienfahrzeug, aßen von unserem letzten Geld den schlechtesten Döner unseres Lebens und verbrachten die Abende im Kneipenviertel Tempel Bar. Unser Flug ging ganz früh am letzten Morgen und deswegen entschlossen wir uns die Nacht durchzufeiern um direkt zum Flughafen zu fahren. In unserem Lieblingspub kamen wir nach einer kuriosen Aktion mit einem Pfefferspray ins Gespräch mit einer Gruppe Dubliner, die uns mit in eine Disco nehmen wollten. Und somit begann eine der aufregendsten Nächte meines Lebens. Unglaublich aufgeregt übte ich den ganzen Weg zur Disco welches Geburtsdatum ich dem Türsteher nennen muss und machte es natürlich sofort falsch und sagte ihm hibbelig mein echtes Alter. Da er aber ein ausgesprochener Freund von Frankfurt und Frankfurter Würstchen sei, ließ er uns rein. Am Einlass bekamen wir anstatt einem Stempel, fluoreszierende Farbe wild ins Gesicht geschmiert. Diese vergaßen wir übrigens Stunden später völlig übermüdet am Flughafen zu entfernen und sorgten für einen kleinen Zwischenfall an der Sicherheitskontrolle, da man uns für eine Gang hielt … naja Ir(r)en ist schließlich menschlich 😉 Zurück zum Club. Wir blickten schnell – bei dieser Disco handelte es sich um einen Gay Club, aber die Frauenqoute war dennoch enorm hoch und es machte jeder mit jedem rum. Sogar unsere Gruppe neuer Freunde, welche im Pub einen ganz gesitteten Eindruck machten, steckten jetzt den verschiedensten Menschen ihre Zungen in den Hals. Auf der Frauentoilette konnte sich meine Freundin gerade noch so retten, nicht ihre Strumpfhose ausziehen zu müssen. Eine fremde Frau zog unerbittlich an ihrer Strumpfhose und fragte sie halb entsetzt, halb besorgt warum sie denn eine tragen würde. »Befreie deine Beine, du bist jung«, schrie sie ihr noch lange hinterher. Wir tanzten, wir taumelten, wir ließen uns durch diese Party treiben. Lachten, feierten und ich glaube wir erlebten eine der Nächte unseres Lebens.
Seitdem bin ich noch öfter alleine verreist, habe viele tolle Länder und Städte gesehen, aber Dublin bleibt für mich immer eine besondere Stadt. Einfach weil sie meine erste große Liebe war. Und diese vergisst man nie!

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facebook.com/julesalmondautorin

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