Bildungsurlaub in Dublin

»Dublin ist teuer und laut und auch ein bisschen vulgär«

Letzten Sonntag erzählte uns Jules Almond, unsere Gastbloggerin, ganz verzückt von ihrem ersten Städtetrip ever, der nach Dublin ging – und der ihr in bester Erinnerung geblieben ist, ja, sie würde sogar sagen, dass die irische Hauptstadt seitdem ihre Lieblingsstadt ist.

Die Reise von astikuss Jannis, also mir, stand aber unter einem ganz anderen Stern: nicht nur bin ich keine 17 mehr (oh, schön wäre es, denke ich mir manchmal!), sondern Dublin sollte nicht nur ein Reisetrip werden. Ich wollte dort einen Bildungsurlaub machen und dabei mein Englisch auffrischen. Meine Erwartungen waren also ganz andere als die eines 17-jährigen, der das erste Mal weit weg von zu Hause ist. So strengte mich Temple Bar zum Beispiel einfach nur an, weil ich immer das Gefühl hatte, dass neben mir irgendeine grölende Fußballmannschaft, ein Junggesellinnenabschied oder eine französische Teeniegruppe lief. Und teuer war dann der Spaß da auch noch, 5–7 Euro das Pint Guinness – nun, das muss man auch erst mal haben. Leider bin ich auch nicht mehr in dem Alter, in dem ältere Typen mir in der Schwulenbar einen ausgeben, mittlerweile bin ich ja schon der alte Knacker!

Dublin ist ganz sicher viel zu crowded, zumindest in der Innenstadt – das fiel mir schon beim Ankommen Samstagabends auf, als ich mit dem elenden 16er Bus durch die ganze Stadt nach Harolds Cross fuhr, wo meine Hosts ein Häuschen haben. Michael Bubblé hatte in einem Park in der Nähe dieses Viertels einen Auftritt und so waren die Straßen noch verstopfter und die Busse erstrecht. Ich brauchte nicht nur gefühlt fast anderthalb Stunden bis zu meiner Unterkunft.

Man darf mich nicht missverstehen: Dublin ist sicher eine Reise wert, es ist wunderschön, überall alte, hübsche Gebäude, Parks, ein Fluss mitten durch die Stadt, das Meer vor der Haustüre, es ist modern und multikulti und man kann den ganzen Tag und die ganze Nacht durchfeiern. Aber es ist auch schrecklich anstrengend, das öffentliche Nahverkehrssystem ist zum Beispiel völlig für‘n Arsch, das verstehen echt nur die Einheimischen – wenn überhaupt. Dublin ist teuer und laut und auch ein bisschen vulgär. Wenn man das mag, ist man da natürlich richtig aufgehoben, ich hingegen konnte sehr wenig mit der Stadt anfangen, das Wohlgefühl kam niemals richtig auf. Anders also als Julia wird mir Dublin eher in nicht so guter Erinnerung bleiben, da habe ich mich in so vielen Städten in Europa sehr viel wohler gefühlt. Wie gesagt: wie einem eine Stadt gefällt, ist sehr subjektiv, hängt natürlich auch mit der Stimmung zusammen, mit Vorlieben, mit Erwartungen, mit Erfahrungen. Ich fand schön, dass an jeder Ecke talentierte Straßenmusiker*innen die Hits der letzten Jahrzehnte performten, traurig hingegen machte es mich zu sehen, wie viele Obdachlose es in Dublin gibt, woran auch immer das liegen mag.

Der Bildungsurlaub war übrigens ganz angenehm, vor allem die Tatsache, dass in meinen Kursen einfach Menschen aus aller Welt waren und wir immer Themen bekamen, über die wir miteinander diskutieren sollten. Wirklich schön fand ich dabei, wie unaufgeregt das immer vonstatten ging, wie respektvoll man den anderen Menschen gegenüber argumentierte und es niemals zu einer Situation kam, in der sich etwas hochschaukelte. Nicht wie so oft auf Facebook, wo es plötzlich zum Shit-Storm oder zu Entfreundungen kommt. Das ist vielleicht generell das Beste an Dublin, zumindest, so wie ich es erfahren habe. Es ist sehr bunt, es ist sehr offen, es ist Multikulti und es scheint so, als begegnete man dem Anderen erst einmal wohl gesonnen. Im Park sah ich ein junges schwules Pärchen miteinander kuscheln und es interessierte keinen. Überall auf der Straße sprachen Menschen miteinander, man hörte heraus, dass sie aus verschiedenen Gegenden der Welt stammten, aber bemüht um einen schönen Dialog waren. Ich hoffe, dass diese Beobachtungen nicht nur Zufall waren, sondern tatsächlich die alltägliche Realität in Dublin ...

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