Ein Wochenende im Juni, die Wettervorhersage ist optimistisch, und wir brechen auf nach London – für mich als einzige in der Gruppe zum allerersten Mal.
Wenn man die meiste Zeit seines Lebens in München verbracht hat, ist man relativ verwöhnt, was Grünflächen, Baumbestand und Bepflanzung in der Stadt angeht. Für mich ist daher immer besonders spannend, wie andere Großstädte, vor allem sehr alte, die Natur in die Stadt (zurück)holen. London hat mich in dieser Hinsicht sehr positiv überrascht.
Grün, grün grün, sind alle meine Häuser
Bereits bei einem ersten Streifzug durch die Viertel rund um den Trafalgar Square bemerke ich immer wieder begrünte und bepflanzte Fassaden. Schließlich laufen wir am Regal House in Covent Garden vorbei – fast die komplette Fassade ist mit unterschiedlichen Pflanzen begrünt, Kräuter, Blumen und Ranken.
Auch im Neal’s Yard, einer wunderschönen Hinterhofpassage, lohnt der Blick nach oben an den alten Häusern entlang. Blumenkästen an den Fenstern, Rankengitter an den Wänden, und von oben lugen die Dachgarten-Bepflanzungen über die Dachkanten hinaus.
Ich bin beeindruckt, so viele Beispiele für Fassadenbegrünungen habe ich noch nie gesehen – und schon gar nicht in München. Immer wieder wandert mein Blick an den Häusern entlang und ich freue mich vor allem über die Kräuter wie Lavendel, die nicht nur die Luft in Europas größter Stadt verbessern, sondern auch Bienen und anderen Insekten Nahrung bieten.
Nomadic Community Garden
Auf einem weiteren Streifzug durch die Stadt verschlägt es uns nach Shoreditch. Eigentlich sind wir mit einer Stadtführung auf den Spuren der Street Art Künstler des Viertels unterwegs. Doch zwischen den Bahngleisen und hinter einem kleinen Park stoßen wir auf dieses Juwel: Den Nomadic Community Garden. Auf einem Grundstück, dass in den nächsten Jahren bebaut werden soll, zur Zeit aber noch brach liegt, haben die Anwohner des Viertels einen Gemeinschaftsgarten angelegt. Jeder kann hier eine Parzelle bewirtschaften, es gibt ein kleines Café in einem umgebauten Wohnwagen, überall stehen Sitzgelegenheiten herum, und alles wird eingerahmt von den Grafittis stadtbekannter Künstler.
Eine wunderbare kleine Oase der Ruhe, es summt und brummt, es gibt schattige Plätzchen zum Verweilen und Kinder spielen zwischen den Beeten, während ihre Eltern Kräuter ernten.
In vier Tagen London sind wir keine 100 Meter gelaufen, ohne Bäumen, Sträuchern, Grünflächen, Parks, bepflanzten Fassaden oder Blumenkästen zu begegnen. Eine Stadt dieser Größe, mit so viel grün, ich bin begeistert! Wieder zu Hause lese ich nach, ob ich mir nur einbilde, dass London sich aktiv um seine „Grüne Lunge” kümmert, und tatsächlich: London will die weltweit grünste Stadt werden, hat Bürgermeister Sadiq Khan verkündet. Schon jetzt verfügt London über etwa 1.700 öffentliche Grünflächen, die sich über 4.000 Quadratmeter erstrecken. Ein sehr ambitioniertes Vorhaben dennoch, denn im Moment rangiert London weltweit lediglich auf Platz 39 der grünsten Städte (prozentualer Anteil der Grünflächen an der Gesamtfläche der Stadt).
Die grünen Städten der Welt
Wenn Ihr wissen wollt, auf welchem Ranking eure Stadt im weltweiten Vergleich steht: Bei Travelbird könnt Ihr interessante Statistiken zu grünen Städten einsehen. Für Deutschland gibt es noch eine weitere tolle Seite: Bei der Morgenpost wird nicht nur die offizielle Fläche der Grünanlagen gemessen, sondern per Satelittenaufnahmen das Stadtgebiet gescannt. Auf diese Weise werden auch bepflanzte Dächer, Privatgärten, Stadtbäume oder begrünte Hinterhöfe mit ausgewertet.
Ich jedenfalls werde mal mit unserer Hausverwaltung sprechen, ob wir an unserer Fassade nicht auch mehr grün installieren wollen. Schließlich sind die Vorteile mittlerweile eingehend erforscht: Bessere Isolierung und kühlerer Luft in der unmittelbaren Umgebung sind nur die offensichtlichsten Vorteile. Schön aussehen tut es eben auch.